Persönliche Erklärung zum Kompromiss über die Neuregelung des §219a

Im Dezember 2017 hat die SPD-Bundestagsfraktion einen Gesetzesentwurf beschlossen, der die komplette Streichung des § 219a zum Ziel hatte. Dabei stand für uns das Selbstbestimmungsrecht der Frauen im Mittelpunkt. Dieser Paragraph ist Ausdruck eines Misstrauens gegenüber Frauen und der selbstbestimmten Entscheidung über ihren Körper. Auch in der gesellschaftlichen Debatte, die wir in letzter Zeit erleben durften, wird immer wieder ein Frauenbild der Bevormundung deutlich – ein Frauenbild, das wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ablehnen. Diese Haltung bringen wir durch unsere fortschrittliche Gleichstellungspolitik auf allen Ebenen zum Ausdruck.

Mit dieser Haltung hat der SPD-Parteivorstand im April 2018 nach den Beratungen auf dem Bundesparteitag in Wiesbaden einen Beschluss verfasst: „Wir als Bundestagsfraktion und als sozialdemokratische Mitglieder der Bundesregierung sind dazu aufgefordert, die erforderlichen Maßnahmen umgehend zu ergreifen. Es müssen möglichst schnell gesetzliche Änderungen verabschiedet werden, auf deren Grundlage Ärztinnen und Ärzte objektiv und straffrei über Schwangerschaftsabbrüche informieren können. Dabei muss das Informationsrecht für schwangere Frauen gewährleistet sein.“ An diesen beiden Kriterien messen wir diesen Kompromiss.

Der Kompromiss ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aus unserer Sicht geht dieser nicht weit genug. Deshalb werden wir uns auch weiterhin dafür engagieren, dass es eine echte Informations- und Aufklärungsfreiheit für Ärztinnen und Ärzte und Betroffene gibt. Für uns steht fest, der § 219a gehört abgeschafft. Mit der Fraktion der CDU/CSU war dies nicht möglich. Also bestand die Aufgabe darin, pragmatische Lösungen zu finden.

Das beschlossene Gesetz ermöglicht Ärztinnen und Ärzten die rechtssichere Information, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Das schafft eine objektive und straffreie Information auf den Internetseiten von Ärztinnen und Ärzten. Die Bundesärztekammer wird eine zentrale Liste mit Ärztinnen und Ärzten, Krankenhäusern und Einrichtungen führen. Die Liste soll monatlich aktualisiert und verschiedenen Stellen zur Verfügung gestellt werden. Auch Ärztinnen und Ärzte können auf diese Informationen verweisen. Sie dürfen darüber hinaus auf ihrer Homepage auch über die Methoden informieren, indem sie die entsprechende Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zitieren oder auf diese verlinken.

In Zukunft werden Frauen leichter erfahren können, welche Ärztinnen und Ärzte Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung veröffentlicht die jeweils aktuelle Liste der Bundesärztekammer und weitere Informationen zur Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen. Der bundesweite zentrale Notruf „Schwangere in Not“ erteilt ebenfalls rund um die Uhr und in 18 Sprachen Auskunft. Das Informationsrecht der Frauen wird dadurch verbessert.

 Vieles wurde noch nicht erreicht. Wir hätten uns gewünscht, dass die Ärztinnen und Ärzte im Rahmen ihrer Berufsordnung individuell entscheiden können, in welchem Umfang und mit welcher Wortwahl sie auf ihrer Internetseite über Schwangerschaftsabbrüche informieren.

 In der gesellschaftlichen Debatte muss die Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen beendet werden und die Kriminalisierung von Ärztinnen und Ärzten sowie die Verunglimpfung ihrer Arbeit aufhören. Denn wir möchten, dass alle Menschen diskriminierungsfrei, ohne Bevormundung und unabhängig von ihrer sozialen oder ökonomischen Situation, über ihre Familienplanung und ihr Sexualleben entscheiden können.

Wir tragen diesen Kompromiss mit, in der Hoffnung weiterzukommen auf dem Weg zu einer kompletten Streichung des § 219a und somit zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Frauen in unserer Gesellschaft beizutragen!