„Im Koalitionsvertrag haben wir mit der Union klar vereinbart, den Solidaritätsbeitrag in einem ersten Schritt für 90 Prozent der Steuerzahlenden abzuschaffen. Das sind Steuererleichterungen im Gegenwert von 10 Milliarden Euro jährlich für alle kleinen und mittleren Einkommen. Ralph Brinkhaus will aber auch noch die Spitzenverdienenden entlasten. Das wäre ein Bruch des Koalitionsvertrags, der nur den Reichen nutzen und den Staat Milliarden kosten würde“, kritisiert die SPD-Bundestagsabgeordnete Wiebke Esdar.
Der neue Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Ralph Brinkhaus, hatte kürzlich gegenüber dem Focus erklärt, er könne die Forderungen nachvollziehen, den Solidaritätszuschlag bereits in der aktuellen Wahlperiode vollständig abzuschaffen. Angesichts der vollen Kassen sei eine stärkere Entlastung der Bürger geboten. Die CSU fordert im bayerischen Wahlkampf ebenfalls die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Ähnliche Forderungen erhob auch die CDU, vertreten durch den Wirtschaftsflügel sowie aktuell durch Wirtschaftsminister Altmaier.
Esdar weist die Forderung zurück: „Bei „Bürgern“ spricht Brinkhaus in Wahrheit von sehr Wohlhabenden, denen er Steuergeschenke machen möchte. Sein Vorschlag würde dem Staat zusätzlich 8 Milliarden Euro kosten. Dieses Geld fehlt uns dann für die notwendige Finanzierung in Bildung, Digitalisierung, gegen Kinderarmut und für neue Straßen. Dann soll Brinkhaus bitte auch so ehrlich sein und uns aufklären, wo genau er diese Milliarden einsparen will.
Für uns als SPD steht der Grundsatz fest, dass stärkere Schultern deutlich mehr tragen können und müssen als schwache. Gerade wenn es um die Finanzierung der Zukunft unseres Landes geht. Falls die Union den Koalitionsvertrag tatsächlich brechen möchte, und den Soli sofort und für alle abschaffen will, dann werden wir aber auch nochmal über die Erhöhung des Spitzensteuersatzes verhandeln müssen. 8 Milliarden Euro wollen seriös gegenfinanziert werden.“
Hintergrund:
Union und SPD haben im Koalitionsvertrag beschlossen, kleinere und mittlere Einkommen zum Jahr 2021 vom Solidaritätsbeitrag (Soli) zu entlasten. So soll der Soli in einem ersten Schritt für rund 90 Prozent der Soli-Zahler durch eine hohe Freigrenze abgeschafft werden.
17,95 Milliarden Euro hatte der Staat im Jahr 2017 durch den Soli eingenommen. Rund 10 Milliarden Euro möchte die Bundesregierung den Bürgerinnen und Bürgern zukünftig durch die Steuererleichterung erlassen. Die restlichen rund 8 Milliarden Euro sollen dann zunächst noch die oberen 10 Prozent der Einkommensbezieher tragen, bevor die Steuer auch für sie zu einem späteren Zeitpunkt entfallen soll.
Die SPD-Politikerin Wiebke Esdar ist seit dem Sommer Mitglied im Finanzausschuss des Bundestages. Der Solidaritätszuschlag gehört zu ihrem Zuständigkeitsbereich als Berichterstatterin. Ralph Brinkhaus war in der Vergangenheit ebenfalls Mitglied im Bundestagsausschuss für Finanzen. Bis zur seine Wahl als Fraktionschef war er als stellvertretender Fraktionsvorsitzender zudem für Finanzfragen zuständig.