Die Zustände, unter denen Geflüchtete in den Aufnahmeeinrichtungen auf den griechischen Inseln leben, sind unbestritten katastrophal und untragbar. Wir brauchen darum so schnell wie möglich eine Lösung für die Menschen in Griechenland. Denn Menschenrechte und Asylrecht müssen auch unter schwierigen Bedingungen gelten.
Aus diesem Grund unterstütze ich, dass erstens die Stadt Bielefeld dem Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ beigetreten ist; dass zweitens Oberbürgermeister Pit Clausen dazu die „Potsdamer Erklärung“ unterzeichnet hat; und dass es drittens jetzt einen Ratsbeschluss „Sichere Häfen - Aufnahmeinitiative für NRW “ geben wird, der ganz konkret benennt, wie wir welche Geflüchtete in Bielefeld zusätzlich aufnehmen wollen. Damit dieser wirksam werden kann, müssen wir jetzt endlich die Rahmenbedingungen schaffen. Dazu muss das Land Nordrhein-Westfalen seine Bereitschaft erklären, diese schutzbedürftigen Personen ohne Anrechnung auf die EASY-Quote (Erstverteilung der Asylbegehrenden) aufzunehmen. So können sie auch in Bielefeld ankommen und Schutz erhalten. Zudem gibt es glücklicherweise zahlreiche weitere Städte in NRW, die sich ebenfalls bereit erklärt haben, zusätzliche Geflüchtete aufzunehmen.
Außerdem freut mich, dass bereits SPD-regierte Bundesländer vorangehen und sich bereit erklärt haben, besonders schutzbedürftige Geflüchtete aufzunehmen. Das käme vor allem unbegleiteten Kindern zugute, die sich sonst in den griechischen Lagern selbst überlassen sind. Damit ist die Chance zum Greifen nahe, diese Kinder in größerem Umfang aufzunehmen. Deshalb erwarte ich jetzt von Bundesinnenminister Seehofer, unverzüglich eine Lösung zur Aufnahme dieser Kinder zu finden. Das unterstützen die SPD und ihre Bundestagsfraktion ausdrücklich. Dasselbe erwarte ich aber auch von der CDU/CSU-Fraktion.
Um der großen Anzahl Geflüchteter zu helfen, die derzeit unter inakzeptabel schlechten Bedingungen in Lagern untergebracht werden, braucht es dennoch eine europäische Lösung. Denn die Europäische Union muss endlich ihrer humanitären Verpflichtung in Solidarität gerecht werden und eine Verteilung Geflüchteter in aufnahmebereite Länder und Kommunen ermöglichen. Eine Koalition der Willigen kann dabei auch mit wenigen Mitgliedstaaten starten. Dabei muss aber gewährleistet sein, dass hilfsbereite Länder angemessen mit EU-Geldern unterstützt werden. Die Verweigerung von Solidarität darf dagegen nicht belohnt werden.
Als SPD-Bundestagsfraktion erwarten wir von Bundesinnenminister Seehofer, beim Innenministerrat in Brüssel nachdrücklich für eine „Koalition der Vernunft“ zu werben und konkrete Maßnahmen zur gemeinsamen Aufnahme von besonders Schutzbedürftigen auf den Weg zu bringen. Ein deutscher Alleingang kann das Problem nicht lösen. Inzwischen hat sich mit Frankreich, Portugal, Finnland und anderen bereits eine nennenswerte Gruppe von Staaten zu einer gemeinsamen Aufnahme bereit erklärt. Ich erwarte, dass die deutsche Bundesregierung jetzt zusammen mit diesen Staaten die Aufnahme dringend in die Wege leitet.
Ebenso wichtig ist mir, dass wir schnell und dauerhaft die Verhältnisse in den griechischen Hot Spots verbessern. Ein Weg könnte sein, dem UNHCR die operative Verantwortung zur Leitung der Flüchtlingszentren zu übertragen. Für eine grundsätzliche Lösung brauchen wir eine Neuausrichtung der europäischen Flüchtlingspolitik und des gemeinsamen europäischen Asylsystems. Wir müssen weg vom Prinzip der Zuständigkeit des Ersteinreisestaates. Wir brauchen eine gerechte und solidarische Verteilung geflüchteter Menschen auf die einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Nur so schaffen wir dauerhaft eine Entlastung der Staaten an den EU-Außengrenzen und somit auch insbesondere Griechenlands. Daran arbeiten wir auf EU-Ebene mit Hochdruck.
Auf jeden Fall dürfen wir weder die Menschen in Griechenland noch die griechische Regierung mit diesen Herausforderungen alleine lassen. Die Europäische Union ist eine Wertegemeinschaft. Mit unserem gemeinsamen Handeln zur Aufnahme von Geflüchteten aus Griechenland machen wir einen ersten und notwendigen humanitären Schritt. Unser Ziel bleibt es, dass sich am Ende alle europäischen Mitgliedstaaten in diese Solidarität einbringen.
Jetzt gilt es, alle Anstrengungen auf eine europäische Lösung, an der nicht alle Länder teilnehmen müssen zu konzentrieren. Nur so kann umfassend den Minderjährigen und den besonders Schutzbedürftigen geholfen werden.
Dabei sehen wir auch, dass die Kämpfe in Idlib die humanitäre Lage in Syrien weiter verschärfen und erneut viele Menschen zur Flucht Richtung türkische Grenze zwingen. Europa und die internationale Gemeinschaft müssen darauf schnell reagieren und bereit sein, weitere humanitäre Hilfe für die Menschen in Idlib und die Geflüchteten in der Türkei zu leisten.