“Pumpen, pupen…” - der Partysong von Hardsoul ist für einige inzwischen Bielefelds inoffitielle Hymne. Fest steht, dass er seit 2009 zur Stadtkultur gehört und Baumheides bis dato größter Exporthit ist. Nun pumpt die Politik zurück – und zwar 27 Millionen Euro aus EU, Bund und Land zur Erneuerung des Stadtteilzentrums. Das sind wichtige Investitionen, um das Quartier attraktiver und lebenswerter zu machen.
Große, graue Wohnblöcke und eine wenig einladende Stadtbahnhaltestelle kommen vielen von uns in den Sinn, wenn wir an Baumheide denken. Baumheide ist ein Stadtteil mit vielen Menschen in sozialen Problemlagen. Aber dennoch ist es auch ein bunter, ein durchmischter Stadtteil, in dem Menschen aus 18 verschiedenen Nationen, mehreren Generationen und sozialen Schichten zusammenleben. Entstanden in den 1960er und 70er Jahren sollte Baumheide als eigenständiger und funktionaler Stadtteil, abseits des Stadtzentrums, dem städtebaulichen Leitbild “Urbanität durch Dichte” folgen. Die daraus entstandenen, eng aneinader stehenden, teils zehnstöckigen Siedlungsbauten prägen noch heute markant das Erscheinungsbild.
Innerhalb der Stadtgesellschaft hat Baumheide immer wieder mit Vorurteilen zu kämpfen und das, obwohl eine Quartiersbefragung unter den Bewohnerinnen und Bewohnern selbst ergeben hat, dass sich diese dort überwiegend wohl fühlen. Ein guter Anschluss an die Stadtbahn, der in der Nähe gelegene Obersee und idyllische Einfamilienhaus-Siedlungen - Baumheide ist heute schon eine lebenswerte Heimat für viele Bielefelderinnen und Bielefelder.
Trotz der Dinge, die gut funktionieren, gibt es jedoch auch reale Problemlagen, die Auswirkungen auf das Leben vor Ort haben. Im Zentrum des Quartiers befinden sich zwei große Supermärkte, die Stadtbahnhaltestelle, ein Freizeitzentrum, eine Stadtteilbibliothek und der Rabenplatz. Das alles klingt zunächst nach guten Voraussetzungen für ein funktionierendes Gemeinschaftswesen. Doch obwohl sich an den zentralen Orten tatsächlich ein Großteil des öffentlichen Lebens in Baumheide abspielt, mangelt es hier doch an echter Aufenthaltsqualität. Die wie ein Trog in den Boden eingelassene Haltestelle der Linie 2, das Freizeitzentrum und viele der umstehenden Wohnblocks fallen vor allem durch ihre grau-braune Waschbetonoptik auf und versprechen wenig Gemütlichkeit. Barrierefreiheit ist nicht überall gegeben, ebenso mangelt es stellenweise an Spiel- und Sitzgelegenheiten. Einige Bereiche der Umgebung werden als Angsträume wahrgenommen. Insgesamt dient das Zentrum Baumheides bisher eher als Durchgang statt als Ort der Begegnung.
Das soll sich nun ändern! Im Rahmen des INSEK-Programms (INtegriertes Städtebauliches EntwicklungsKonzept) sollen umfassende Erneuerungen in Baumheide realisiert werden. Insgesamt 27 Millionen Euro aus Fördermitteln der Europäischen Union, des Bundes und des Landes NRW stehen zur Verfügung, um Baumheide aufzuwerten. Im Zeitraum von 2020 bis 2022 werden 30 Einzelprojekte mit den Fördermitteln vor Ort umgesetzt. Von Anfang an werden Anwohnerinnen und Anwohner, ebenso wie Funktionsträgerinnen und -träger, in die Planungen mit einbezogen.
Eine wichtige, mit rund sechs Millionen Euro finanzierte Maßnahme ist die umfassende Modernisierung des Freizeitzentrums. Hier wird nicht nur die Fassade erneuert und ein energetischer Umbau vorgenommen, auch die Innenräume werden neugestaltet. Werkstätten, Kreativ- und Proberäume sollen Macherinnen und Machern aus dem Viertel Möglichkeiten bieten, ihre Ideen zu verwirklichen. Ebenso ist die Einrichtung eines Cafés mit Außenbereich geplant. DieStadtteilbibliothek wird zu einem offenen Angebot und Lernort erweitert, der deutlich mehr Aufenthaltsqualität bieten soll. Auch der vorgelagerte Rabenplatz wird saniert. Aufenthalts-, Spiel- und Sportmöglichkeiten werten den Platz künftig auf.
Ein weiteres wichtiges Projekt ist die Neugestaltung der Stadtbahnhaltestelle: Mit Barrierefreiheit, einer neuen Fassadenverkleidung und mehr natürlichem Licht in der Station. Die Station wird zudem mit einer Grünfläche überdacht, die für die Freizeitnutzung vorgesehen ist.
Das Programm beschränkt sich allerdings nicht nur auf bauliche Maßnahmen, sondern umfasst gezielt auch die Förderung sozialer Bildungsangebote. Mit der Neueröffnung der KiTa “Traumheide” werden Betreeungsplätze geschaffen. Für Jugendliche wird es mehrere Sport-, Medien- und Bildungsprojekte unter dem Titel “Bildungsbrücken Baumheide” geben, um Benachteiligungen auszugleichen und Misserfolg im Bildungssystem zu belämpfen. Auch die Gründung der “Stadtteilmütter”, die Bewohnerinnen und Bewohner im Viertel in verschiedenen Belangen unterstützen sollen, ist geplant. Ältere Menschen profitieren von einer Verbesserung der Pflegeangebote, die verstärkt kultursensibel ausgestaltet werden. Programme zur Gesundheitsprävention und zur Alltags- und Krisenbewältigung sollen die Menschen vor Ort unterstützen, weil beides in Deutschland immer noch stark mit Armut und Arbeitslosigkeit zusammenhängt. Arbeitssuchende Bewohnerinnen und Bewohner werden durch Beratung und Einzelcoaching vor Ort stärker unterstützt, damit mehr von ihnen in sozialversicherungspflichtige Jobs kommen. Ein neues Stadtteilbüro übernimmt Koordinationsaufgaben und den Aufbau eines Stadtteilnetzwerkes.
Damit wird Baumheide als soziale Stadt gefördert – um die Lebensqualität zu steigern, damit sich Gemeinschaftssinn und Solidarität besser entwickeln können. Das beugt Ungleichheit, Arbeitslosigkeit und Kriminalität vor. Darum lohnen sich diese enormen Investitionen. Deshalb muss das ganze Stadtgebiet berücksichtigt werden, um die soziale Stadt Bielefeld realisieren zu können.