Persönliche Erklärung zur Abstimmung über den Familiennachzug

Persönliche Erklärung der Abgeordneten Dr. Wiebke Esdar zum Abstimmungsverhalten nach § 31 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zum „Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Familiennachzuges zu subsidiär Schutzberechtigten (Familiennachzugsneureglungsgesetz)“ (Drucksache 19/2438).

 

Am 1. Februar 2018 beschloss der Deutsche Bundestag eine Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs bis zum 31. Juli 2018. Bereits mit diesem Beschluss wurde zugleich der (verlängert ausgesetzte) Anspruch auf Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten mit Wirkung ab dem 1. August 2018 gänzlich abgeschafft.

Lediglich in Form einer gesetzlich formulierten Absichtserklärung („Kann-Regelung“) stellte die Beschlussfassung vom 31. Januar 2018 für bis zu monatlich 1000 Personen eine Neuregelung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten in Aussicht; ein neuer Anspruch auf Schutz wurde dadurch nicht geschaffen.

Mit anderen Worten: Ohne weiteres gesetzliches Handeln läuft in Folge der Neuregelung vom 31. Januar 2018 der (ohnehin seit nunmehr über zwei Jahren ausgesetzte) Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten zum 31. Juli 2018 ersatzlos aus.

Ein Unterbinden von Familiennachzug widerspricht ethischen und christlichen Grundprinzipien und konterkariert das Streben nach Integration und gesellschaftlichem Zusammenhalt.

Ein Ermöglichen von Familienzusammenführung entspricht zudem den verfassungsgerichtlichen Anforderungen, wenn es gemäß eines Grundsatzurteils des Bundesverfassungsgerichts heißt: „Die Beeinträchtigung der Belange von Ehe und Familie durch das Erfordernis einer dreijährigen Ehebestandszeit als Nachzugsvoraussetzung übersteigt auch im Blick auf entgegenstehende öffentliche Interessen das von den Betroffenen hinzunehmende Maß“, vgl. BVerfG, 12. Mai 1987.

Die SPD hat sich unter anderem in ihrem Regierungsprogramm zur Bundestagswahl 2017 für ein Ende der Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte ausgesprochen und steht sowohl aus humanitären als auch integrationspolitischen Gründen für ein Recht auf Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten.

Eben aus diesen Gründen habe ich bei der Neuregelung vom 31. Januar 2018 nicht zugestimmt.

Inhaltlich halte ich die Ausgestaltung der heute zur Abstimmung stehenden Neuregelung insbesondere mit Blick auf die vorgesehene Kontingentierung und den damit vom individuellen Schutz der betroffenen Personen abgewandten Ansatz für verfehlt.

Trotz massiver Bedenken stimme ich diesem Gesetzentwurf dennoch zu, und zwar aus einem einzigen Grund: Der Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung für subsidiär Schutzberechtigte wurde bereits im März dieses Jahres durch eine Mehrheit des Deutschen Bundestages abgeschafft. Ohne den vorliegenden Gesetzentwurf würde es künftig gar keine Familienzusammenführungen mehr für Kriegsflüchtlinge geben, auch nicht für 1.000 Personen pro Monat. Stark eingeschränkte Familienzusammenführungen sind besser als gar keine.

 

Dr. Wiebke Esdar, MdB

 

Berlin, 15. Juni 2018