Auf Angelas Balkon

- Der FSJ´ler Julius berichtet - 

In den letzten Wochen durfte ich einige sehr interessante Orte in der Hauptstadt besuchen. Die SPD-Bundestagsfraktion bietet nämlich regelmäßig Veranstaltungen für Praktikanten und FSJ´ler an, so zum Beispiel Führungen durch politisch interessante Institutionen in Berlin.

So konnte ich über das Praktikantenprogramm mit anderen Teilnehmenden den Bundesrat besuchen. Dieser befindet sich seit 2000 im ehemaligen preußischen Herrenhaus, ganz in der Nähe des Potsdamer Platzes. Der Bundesrat ist neben dem Bundestag, der Bundesregierung, dem Bundesverfassungsgericht und dem Bundespräsidenten eines der fünf ständigen Verfassungsorgane. Anders als der von der Bevölkerung direkt gewählte Bundestag vertritt der Bundesrat die jeweiligen Landesregierungen und ist somit gemeinsames Organ der Länder auf Bundesebene. Die Länder haben, je nach Einwohnerzahl, zwischen drei und sechs Stimmen. NRW ist als einwohnerreichstes Bundesland zum Beispiel eines von drei Ländern mit sechs Stimmen. Diese werden jeweils geschlossen abgegeben. Das Stimmverhalten wird vorher in den Landesregierungen verabredet, denn aufteilen darf ein Land seine Stimmen nicht. Daher herrscht im Bundesrat eine meist sehr ruhige und sachliche Atmosphäre, Zwischenrufe und Beifall gibt es äußerst selten. Der Bundesrat kommt in der Regel freitags in Abständen von drei bis vier Wochen zusammen. Da die Gesetzgebung von Bundestag und Bundesregierung natürlich auch die Länder betrifft, ist es wichtig, dass sie im Gesetzgebungsverfahren des Bundes mitwirken können. Kein Bundesgesetz darf ohne Mitwirkung des Bundesrates zustande kommen! Außerdem hat der Bundesrat das Initiativrecht, er darf also neben Bundestag und Bundesregierung Gesetzentwürfe vorlegen. Ein schönes Erklärvideo zum Bundesrat findet Ihr hier

 

Außerdem durfte ich mir die Parteizentrale der SPD im Willy-Brandt-Haus von innen ansehen. Das Gebäude an der Wilhelmstraße wird von seinem großen Atrium samt der markanten Statue des bekannten Altkanzlers dominiert. Durch seine dreieckige Form wirkt es ein bisschen wie ein Schiff. Der Parteidampfer ist allerdings noch etwas angeschlagen: der Eingangsbereich, im letzten Dezember von einem Autofahrer beschädigt, war zum Zeitpunkt unseres Besuchs noch nicht vollständig repariert. Im Haus haben der Parteivorstand und der Generalsekretär ihre Büros. So kommt auch Wiebke regelmäßig als Mitglied des Bundesparteivorstandes in die Parteizentrale. Hier wird der Kontakt zu den Parteimitgliedern gepflegt, Parteitags- und Wahlkampforganisation findet statt, inhaltliche Aufarbeitungen und Programmfindung werden vorbereitet. Das Willy-Brandt-Haus ist also Sprachrohr für die Partei nach innen und außen sowie inhaltliches Organisationszentrum.

 

Ein weiterer Höhepunkt der letzten Wochen war auf jeden Fall die Führung durchs Kanzleramt, gegenüber vom Paul-Löbe-Haus gelegen. Nach relativ strenger Kontrolle wurde uns zum Einstieg ein kurzer Film über das Gebäude und seine Nutzung gezeigt, den man auch hier ansehen kann. Danach ging es über die große Treppe (prädestiniert für Gruppenfotos) weiter nach oben.  Hier gab es unter anderem die Galerie der Altkanzlerportraits zu sehen, Helmut Schmidt natürlich stilecht mit Fluppe zwischen den Fingern. Noch wurde spekuliert, ob bald ein Bildnis von Angela Merkel hinzukommen würde, doch spätestens mit der Kanzlerinnenvereidigung vor dem Bundestag am letzten Mittwoch hatten sich diese Überlegungen erledigt. Außerdem haben wir den bekannten Pressebereich sehen dürfen, wo die Regierungschefin oft zusammen mit ausländischen Staatsgästen Stellungnahmen abgibt. Für ausführliche Pressekonferenzen kommen die Politikerinnen und Politiker allerdings zu den Journalisten, nicht andersherum. Der Weg ist nicht weit: das Gebäude der Bundespressekonferenz kann man vom Kanzleramt und vom Paul-Löbe-Haus aus sehen. Weiter ging es mit dem Kabinettsaal mit Blick auf Reichstagsgebäude und Tiergarten . Der Konferenztisch war bereits für die letzte Kabinettssitzung der mittlerweile ausgeschiedenen Bundesregierung gedeckt. Im ganzen Gebäude sind übrigens Fenster, Türen und der Boden in einem hellen Grün à la Wertheraner Sparkasse gehalten – interessante Farbgebung. Zum Ende durften wir noch auf einen großen Balkon, der über dem Haupteingang liegt. Flankiert von BKA-Beamten in Zivil konnten wir so den Blick aus ungewohnter Perspektive über das Parlamentsviertel genießen. Natürlich hat das Kanzleramt noch viele weitere Räume zu bieten, die wir nicht zu sehen bekamen. So zum Beispiel den großen Bankettsaal, das Arbeitszimmer der Kanzlerin, die Räume des Krisenstabs sowie die Seitenflügel des Gebäudes mit über 300 Büros für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Trotzdem konnten wir insgesamt einen sehr guten Überblick über das markante Gebäude gewinnen.